Mit Polizeibegleitung und Fahrrad nach Kairo
Wir wollten lediglich von Dahab auf der Sinai Halbinsel nach Kairo.
Das uns eine Fahrt mit Polizeibegleitung nach Kairo bevorstehen würde, war uns nicht klar.
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Denn nachdem wir unseren Aufenthalt in Dahab auf der Sinai Halbinsel um eine Woche verlängert hatten, ging es endlich weiter. Natürlich hätten wir nicht alles an einem Tag fahren können. Denn es sind immer hin knapp 600 Kilometer. Und da wir nun eine Woche weniger Zeit hatten, um nach Kairo zu kommen, ließen wir uns mit einem Shuttle nach Sharm El Shaik bringen.
Immer hin: 100 Kilometer weniger durch das Sinai Gebirge zu radeln.
Und dann ging es los… die wilde Fahrt.
Wir sattelten unsere Räder und nachdem wir noch kurz an der nächsten Tankstelle Wasser gekauft hatten, fuhren wir immer Richtung Norden. Hin und wieder überquerten wir einen Check-Point, aber das war nicht weiter schlimm. Ein paar Fragen mussten wir beantworten, dann ging es auch schon weiter. Bis zu diesem einen Check-Point im Sinai Gebirge.
Bis hierhin haben wir gedacht, die Ägypter auf der Sinai Halbinsel wären alle freundlich und hilfsbereit. Aber das änderte sich für einen kleinen Augenblick. Wir mussten von unseren Rädern absteigen und unsere Pässe abgeben. Das ist ja alles weiter nicht dramatisch. Als es aber hieß, es würde eine halbe Stunde dauern, wunderten wir uns doch ein wenig. Vor allem, weil wir keinen weiteren Informationen bekamen, was nicht weniger an den fehlenden Sprachkenntnissen beiderseits lag.
Also warteten wir.
Eine gefühlte Ewigkeit.
Denn wenn es heißt, eine halbe Stunde, dann kann es gut eine Stunde werden. Aber wir sind ja geduldig. Nach einer Weile kam ein Officer – ich nehme an, es war ein Officer, da er seine Pistole ganz lässig in seinem Hosenbund trug – und forderte uns auf, aufzustehen und uns neben unsere Fahrräder zu stellen.
Aber in was für einem Ton!!! Er schrie uns geradezu an. Mir ging der Arsch auf Grundeis und mein Herz fing an zu rasen. Wohin wir denn wollen und warum wir ausgerechnet mit dem Fahrrad nach Kairo fahren. Und so schnell er auch auf unserer Bildfläche aufgetaucht war, so schnell war er auch wieder verschwunden. Und wir?? Wir wussten immer noch nicht weiter.
Wir warteten also wieder. Und nach einer Zeit kam ein Polizeiauto. Ein Officer kam auf uns zu, gab uns die Pässe wieder und sagte: „You go.“ Wir schauten uns an, setzten unsere Helme wieder auf und fuhren weiter. Immer weiter im Sinai Gebirge Richtung Norden. Es dauerte nicht lange, bis wir realisierten, dass dieses Polizeiauto uns jetzt verfolgen würde. Nur bis wohin?
Mit Polizeibegleitung nach Kairo?
Wir radelten weiter unseres Weges. Allerdings fühlte ich mich ziemlich unter Druck gesetzt. Immerhin hat man nicht alle Tage ein Polizeiauto mit drei schwer bewaffneten Beamten im Nacken. Und da Ägypten auch nicht unbedingt das flachste Land ist und ich keine geübte Radfahrerin bin, radelte ich die Berge vom Sinai Gebirge eben nur mit 4 bis 5 Kilometer pro Stunde hoch.
Für ein Auto seeeehr langsam.
Zudem war es heiß. Wir hatten um die 30 Grad, wie fast jeden Tag und Schatten… Schatten gab es auch kaum.
Nach einer Weile musste ich notgedrungen anhalten. Mein Kreislauf rauschte mal wieder in den Keller. Zum Glück war hier mal ein Baum, der etwas Abkühlung und Schatten spendete. Und das Polizeiauto? Das hielt ebenfalls an, stellte den Motor aus und wartete. Nach knapp einer halben Stunde fuhren wir weiter. Und mit uns die Polizeibegleitung nach Kairo. Ich dachte die ganze Zeit: „Mensch… sind die geduldig. Fahren uns im Schneckentempo bis sonst wohin hinter. Das machen sie nur zu unserer Sicherheit. Sehr lobenswert.“.
Nach einer Weile überholten sie uns und baten uns anzuhalten. Wir schauten uns fragend an und hielten am Strassenrand. Sie fragten uns, ob wir nicht unsere Fahrräder hinten in ihr Fahrzeug schmeißen wollen und sie würden uns dann weiter fahren. Kurze Zeit mussten wir überlegen. Allerdings war es für mich keine Frage. Ich war müde, hatte keine Lust mehr mit dem Fahrrad zu fahren und genervt war ich auch ein wenig.
Also, rein mit dem Fahrrädern und ab dafür.
Kurze Zeit später hielten wir wieder an. Waren wir etwa schon da?
Nein… natürlich nicht.
Hier endetet der Zuständigkeitsbereich dieser Officer und das nächste Auto stand schon für uns bereit. Großartig!!! Also Fahrräder wieder raus aus dem Auto, die Taschen wieder anbauen und weiter fahren. Du kannst es dir nicht vorstellen, aber dieses Spielchen hatten wir mit 6!!! verschiedenen Polizeiautos. Das war wahrscheinlich die interessanteste Polizeibegleitung nach Kairo, die ich je hatte. Und hoffentlich auch die einzige.
Die Hoffnung auf Freiheit
Wir kamen in eine Stadt. Mittlerweile war es dunkel und wir müde vom Fahrräder ein- und ausladen. In der Stadt Ras Sedr auf der Sinai Halbinsel herrschte noch buntes Treiben. Wir wurden neben einer Tankstelle rausgelassen. Hier warteten wieder Polizeibeamte und ein riesiger Panzer stand furchteinflößend direkt neben der Tankstelle. Es hieß, wir könnten dort unser Zelt aufschlagen und wir wären hier sicher für die Nacht. Etwas komisch war es schon. Mitten in einer Stadt auf einem kleinen Stück Bürgersteig sein Zelt aufzubauen. Aber wir wollten schlafen und uns war eigentlich fast egal wo. Während wir unser Nachtlager herrichteten kam ein Officer auf uns zu uns erklärte uns, dass wir hier kein Zelt aufschlagen könnten. Wieder hatten wir eine Menge Fragezeichen im Gesicht. Er wollte unsere Pässe sehen und bot uns etwas zu trinken an. Wir lehnten ab. Wir hatten keine Ahnung, was er von uns wollte. Er hat immer wieder versucht mit uns zu reden, aber auch hier spielten die Sprachkenntnisse eine entscheidende Rolle. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ein Übersetzer. Er versuchte zwischen uns zu vermitteln und erklärte dem Officer, dass wir schlafen wollen um am nächsten Tag weiter nach Kairo zu fahren.
Endlich verstanden sie. Sie organisierten ein Hotel für uns. Aber selbst dorthin wurden wir von einem Officer auf seinem Motorrad begleitet. Und wir durften das Hotel nicht mehr verlassen. Wir mussten sogar sagen, wann wir am nächsten Tag weiter fahren wollen, damit wir wieder begleitet werden konnten.
Als wir so in unserem Hotelzimmer lagen überlegten wir, ob wir uns nicht morgen früh irgendwie aus dem Hotel schleichen könnten. Aber mir war es irgendwie zu heiß. Wir werden den Polizeischutz wohl kaum ohne Grund haben. Also beschlossen wir, dass wir von Ras Sedr mit dem Bus weiter nach Kairo fahren wollen. Das würde uns eine Menge Stress ersparen und die Polizei kann wichtigeren Aufgaben nachkommen, als uns zu begleiten.
Am nächsten Tag wurden wir wie vereinbart von einem Officer abgeholt. Wir erklärten ihm, dass wir nicht mit dem Fahrrad weiter fahren wollen – bzw ich nicht kann – und wir mit dem Bus fahren möchten. Wieder warteten wir. Und dann kam ein Mann mit seinem privaten Kleinbus. Der sollte uns nach Sues fahren. Denn bevor man nach Sues kommt, kommt ein Tunnel, den wir mit den Fahrrädern eh nicht hätten durchfahren dürfen. Unser Privatfahrer ließ uns in Sues am Busbahnhof raus und wir hatten unsere Freiheit wieder. Von jetzt an konnten wir wieder selber darüber entscheiden, wie und wohin wir fahren.
Auch wenn wir selber entscheiden konnten, wohin wir fahren wollen, mussten wir noch irgendwie nach Kairo kommen. Denn immerhin sollte unser Flug nach Auckland in vier Tagen starten. Also blieben wir bei unserer Entscheidung und fuhren am selben Tag noch mit dem Bus von Sues nach Kairo.
Nun doch – mit dem Bus nach Kairo
Es war weniger spektakulär als die letzten Tage, aber es war auch ganz gut so. Auf dem Weg nach Kairo blickte ich aus dem Fenster des Busses und sah Dinge, die mich traurig stimmten. Ich wusste, dass Ägypten kein sauberes Land ist, aber das es so schlimm ist, hätte ich mir nie zu träumen gewagt. Hier liegt der Müll wirklich überall. Kinder spielen im Müll, weil sie nichts anderes haben. Ziegen fressen den Abfall, weil sie nichts anderes oder zu wenig bekommen. Am meisten geschockt war ich allerdings von den Hunden. Da ich ein absoluter Tierfreund bin, hat mir das Herz geblutet. als ich diese im Müllhaufen hab sitzen sehen. Kein Wasser. Kein Essen. Kein Zuhause. Entweder sie können sich durchbeißen oder sie enden wie die meisten: verhungern oder verdursten am Strassenrand.
In Kairo selber wurden wir dann an der Mainstation aus dem Bus gelassen. Und auch hier hieß es wieder: ab aufs Fahrrad und ab geht es zur Unterkunft.
Aber bist du schon mal mit dem Fahrrad durch Kairo gefahren???
Es war auf jeden Fall eine aufregende Erfahrung. Wir fuhren 10 Minuten lang durch die Strassen. Vorbei an den Fussgängern. Vorbei an den parkenden und vorbei an den fahrenden Autos. Und alle kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. „Zwei Weiße, die mit ihren vollgepackten Fahrrädern durch Kairo fahren? Spinn` ich denn jetzt?“, so ungefähr sahen die Gesichtsausdrücke aus. Wobei meiner wahrscheinlich ähnlich ausgesehen haben muss. Ich konnte nicht fassen, dass ich so lebensmüde bin. Dennoch war es irgendwie geil und ich war heilfroh, als wir endlich in unserem Hostel ankamen.
Der erste Eindruck von Kairo
Und auch in Kairo konnten wir uns nicht richtig von Dahab verabschieden. Unser Hostel war nämlich das „Dahab Hostel“. Eine kleine, gemütliche Unterkunft direkt im Herzen Kairos. Das Personal war freundlich, das Zimmer und die Badezimmer sauber. Und für 9 Euro die Nacht kann man definitiv nichts dagegen sagen.
Kairo selber hat mir nicht so gut gefallen. Wir waren bloß drei Tage dort und mir persönlich hat es gereicht. Es ist wie viele Großstädte, nur etwas lauter, dreckiger und voller. Als Fussgänger hast du es nicht immer leicht in Kairo. Die Autofahrer fahren einfach. Egal ob die Ampel rot ist oder grün. Wenn eine Lücke in Sicht ist, wird gefahren. Wir haben versucht etwas essbares zu finden, nachdem wir in unserer Hostel eingecheckt hatten. Das war ziemlich tricky… denn in Kairo findet man super viele Fashionläden aneinander gerreiht, aber Restaurants oder Imbissbuden sind schwer zu finden. Nachdem wir eine Zeit lang durch Kairo geirrt sind, sind wir dann endlich fündig geworden. Ein Restaurant mit dem Namen „Abou Tarek“ fanden wir in einer Seitenstrasse. Hier gab es für uns das ägyptische Essen Koshari. Auf den ersten Blick scheint es nichts besonderes zu sein. Eine Mischung aus Nudeln, Bohnen, Reis und ein paar Röstzwiebeln gemischt mit einer Soße aus Tomaten, Limetten und Essig. Simpel aber lecker. Und es war vor allem günstig. Wir haben für zwei Portionen plus zwei Getränke lediglich 50 EGP ~ 2,50 Euro bezahlt. Ich könnte es nicht jeden Tag essen, aber ab und zu ist es wirklich gut.
Unsere weiteren Tage in Kairo vergingen wie im Flug. Wir haben nichts weiter getan und so saßen wir auch schon wieder am Flughafen, um unseren Flug von Kairo über Dubai nach Auckland anzutreten.
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